Boltzmann-Gleichung

Boltzmann-Gleichung
Bọltzmann-Gleichung,
 
bọltzmannsche Stoßgleichung, grundlegende, von L. Boltzmann zur theoretischen Behandlung und Lösung von Problemen der kinetischen Gastheorie aufgestellte, heute besonders auf Transporterscheinungen (v. a. Strom- und Wärmetransport) in allen Aggregatzuständen der Materie angewendete partielle Differenzialgleichung erster Ordnung für die Verteilungsfunktion f (r, v, t) eines Vielteilchensystems im sechsdimensionalen Phasenraum (Myraum). Sie liefert die raum-zeitliche Änderung dieser von den Ortskoordinaten (Ortsvektor r), der Geschwindigkeit v und der Zeit t abhängigen Phasenraumdichte und damit des Systemszustandes infolge äußerer Kräfte sowie eventuell vorhandener Dichte-, Temperatur- und Konzentrationsgradienten. Die Boltzmann-Gleichung lautet:
 
Hierin ist nach der mechanischen Bewegungsgleichung v· = F/m, wobei F die auf ein Teilchen (Masse m) an der Stelle r wirkende äußere Kraft ist; der Stoßoperator [∂f/∂t]S berücksichtigt die durch Zusammenstöße der Teilchen hervorgerufene Änderung von f; er ist ein Integralausdruck, in den die Phasenraumdichten der jeweiligen Stoßpartner bilinear eingehen. - Bei stationären Problemen ist ∂f/∂t = 0 und die Phasenraumdichte f zeitunabhängig. Für den bei Fehlen von Temperatur- und Dichtegradienten, aber bei Vorhandensein von konservativen äußeren Kräften (Potenzial u (r)) sich einstellenden Gleichgewichtszustand (Stoßoperator = 0) ergibt sich als Lösung der Boltzmann-Gleichung eine mit dem Boltzmann-Faktor exp (—u (r)/kT) multiplizierte maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung. Diese Lösung f0 ist in stationären irreversiblen Prozessen nahe dem Gleichgewichtszustand Ausgangsnäherung der »gestörten« Phasenraumdichte: f = f0 + δf, wobei sich der Stoßoperator häufig unter Einführung einer Relaxationszeit τ durch —δf/τ approximieren lässt. Man erhält dann f als lineare Funktion der wirksamen thermodynamischen Kräfte. Durch Multiplikation der dynamischen Variablen eines Teilchens mit t und Integration über die Geschwindigkeitskomponenten ergeben sich deren orts- und zeitabhängige Mittelwerte, die das makroskopische und thermodynamische Verhalten des Teilchensystems beschreiben, z. B. die Teilchen- und die Stromdichte sowie die mittlere thermische Energie. Gleichzeitig erhält man dabei temperaturabhängige Ausdrücke für die verschiedenen Transportkoeffizienten, z. B. für die elektrische und thermische Leitfähigkeit.

Universal-Lexikon. 2012.

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